Wer sind wir?
Das Team stellt sich vor

Heidi (Jahrgang 1988)

Nach einem brutalen Mordanschlag am 30.09.2022 mit Schuss direkt in den Kopf, Halbseitenlähmung links Akutbehandlung im Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz. Ab November2022 Früh-Reha BDH Klinik Braunfels Station 7 Angefangen bei null, nicht in der Lage zu sprechen, oder auch nur zu sitzen! 

Januar 2023
Implantation einer künstlichen Schädeldecke (Kranioplastik) 
Im Anschluß zur Phase B Reha BDH Klinik Braunfejs Statiion 3,2 Monate verschenkte Lebenszeit! 

Mai 2023
Entfernung der künstlichen Schädeldecke, da sich darunter ein schlimmer Infekt gebildet hatte! 

Juni bis August 2023
Phase C Reha Medical Park Bad Camberg

Danach konstant ambulante Ergo und Physiotherapie

Juli bis August 2024
Reha in der Westerwaldklinik Waldbreitbach

Danach bis zum heutigen Tag, ambulante Ergo und Physiotherapie sowie intensivem Eigentraining

 

Andy (Jahrgang 1977)

Am 15.06.2020 sollte sich mein Leben grundsätzlich ändern. Dass sich dieser Lebenswandel anders als erwartet oder erhofft gestalten würde, hätte ich an diesem Morgen nicht einmal in meinen schlimmsten Träumen zu träumen gewagt. Nach dem Tod meiner geliebten Mutter nahm ich mir eine längere Auszeit und diese sollte an diesem Tag ein positives Ende finden, denn ich war zu einem vielversprechenden Vorstellungsgespräch eingeladen worden.

Mein Tag begann damit, dass ich mich nach meiner morgentlichen Toilette meinem ausgiebigen Frühstück und abschließend dem Haushalt widmete. Um nicht unvorbereitet zum Vorstellungsgespräch zu fahren, recherchierte ich im Netz noch relevante Daten und Fakten zum und über das Unternehmen, das mein zukünftiger Arbeitgeber werden könnte/sollte. Meine Vorfreude auf das bevorstehende Gespräch war unbeschreiblich. Ich fühlte mich gut vorbereitet aber dass das Damoklesschwert bereits über meinem Kopf schwebte, war zu diesem Zeitpunkt nicht zu erahnen.

Meine Nervosität nahm von Minute zu Minute zu und ich erklärte mir diese innere Unruhe mit dem vor mir liegenden Vorstellungsgespräch; also ganz normal und auf keinen Fall besorgniserregend. 

Aber ich wurde eines Besseren belehrt

Irgendwie überkam mich das Gefühl, dass meine linke Gesichtshälfte etwas mehr "kribbelte" als sonst, aber ich wollte diesem Gefühl keine weitere Aufmerksamkeit beimessen. Ich schlafe in der Regel auf der linken Körperseite und von daher erklärte ich mir dieses Gefühl mit einer Durchblutungsstörung und darüber hinaus war ich auch noch unausgeschlafen.

Bis zur Abfahrt zu meinem Termin hatte ich noch Zeit für eine Zigarette und bevor ich mich zum Rauchen auf die Terrasse begab, vernahm ich einer inneren Stimme „…nimm dein Handy mit…“ und ich folgte der inneren Stimme.

Dadurch, dass ich der inneren Stimme folgte und damit mein Leben rettete, war mir zu diesem Zeitpunkt völlig unbewusst, denn wenig später sackte mir mein linkes Bein weg und ich lag auf dem Terrassenboden; ohne jegliche Chance aufzustehen.

Geistesgegenwärtig wählte ich sofort die 112 und forderte Hilfe an. sogar den Nachbarn konnte ich noch informieren, dass er den Sanitätern bitte die Haustüre öffnen und den Zutritt zu meiner Wohnung im 3. Geschoss ermöglichen möge. Er hatte - für den Fall der Fälle - den Zweitschlüssel meiner Wohnung. Was mir noch in Erinnerung geblieben ist, dass der Notarzt neben mir stand – habe seine Erste-Hilfe-Ausrüstung noch vor Augen – und dann begann mein Filmriss.

An dem zweiwöchigen Aufenthalt im Krankenhaus fehlt mir jegliche Erinnerung; weder Stroke-Unit noch Intensivstation sind mir präsent. Erst in der REHA-Klinik bin ich aus meinem komatösen Zustand erwacht und zu mir gekommen.

Ich hatte keinen Plan was oben oder unten ist - geschweige davon, wo ich war und was all die fremden Personen um mich herum von mir wollten.

Zu diesem Zeitpunkt konnte ich nicht einmal selbständig auf dem Bettrand sitzen ohne umzukippen - ich fühlte mich, als wäre ich betrunken. Ich erinnere mich, dass eine Oberärztin zu mir kam und mich fragte, was mein Ziel sei? Ich antwortete ihr „Selbständigkeit und Unabhängigkeit“. Ich wollte damals schon ein für mich essenzielles Ziel erreichen und zwar, wieder alleine wohnen zu wollen und mich um mich selber kümmern zu können. NIEMAND sollte sich weder um meine Körperhygiene kümmern noch für mich kochen oder putzen müssen. Leben in einem Pflegeheim war bzw. ist für mich ein absolutes NOGO.

Nach einer sechsmonatigen REHA mit Physiotherapie, Ergotherapie, Neuro-Psychologie und Übungswohnen durfte ich endlich die Klinik verlassen und mein neues Leben starten.

Vorübergehend wurde ich in dem Pflegeheim WBZ Reinach untergebracht, da meine alte Wohnung - schon alleine wegen der Lage im 3. OG – für mich nicht mehr bewohnbar war. So wurde in meiner Abwesenheit die Wohnung samt meiner Einrichtung durch den meinen sog. Beistand – ohne meines Wissens - aufgelöst. Ja, aufgelöst und mein kompletter Hausrat wurde gleich mitentsorgt.

Die Versprechen wie Wohntraining und eine vom Pflegeheim zur Verfügung gestellte eigene Wohnung sowie Förderung der Selbständigkeit wurden von der Heimleitung nicht eingehalten. (Danke für Garnichts WBZ Reinach), stattdessen wurde ich wie ein Kleinkind bzw. eine schwerst pflegebedürftige Person behandelt und Dank des Baulärms im Neubau kam ich nicht wirklich zur Ruhe. Ich weiß nicht welche Erfahrung schlimmer war, die Hirnblutung oder der für mich wie ein Horror empfundene Zustand im WBZ Reinach.

Lieber Papi
Gott habe dich selig - nun weiß ich wie es ist, in einem Heim leben zu müssen. Bitte vergib mir, dass ich damals Mami nur entlasten wollte und ich deshalb und nur deshalb zugestimmt hatte, dass du in ein Altersheim sollst“ Jetzt weiß ich wie es ist, in einem Heim vor sich hin zu vegetieren.

Nun stand ich da, ohne Perspektive, ohne mein Hab und Gut und ohne Wohnung wo ich mir in der Reha so dermaßen in den Hintern getreten hatte, um meine Selbständigkeit wiederzuerlangen. Und nun das? War`s das jetzt und der ganze Aufwand hat sich Null gelohnt? Meine Psyche war auf dem Nullpunkt. Aufgeben? Ich? NIEMALS!

So suchte ich mir eine Wohnung mit einer extra großen Terrasse für meine Pflanzen und Kräuter sowie meinem Grill. Diese fand ich dann auch und als "Zückerchen" obendrauf sogar mit Hobby-Raum

Endlich - endlich darf bzw. kann ich wieder alleine Leben und mich um mich selber kümmern - weder behindert noch eingeschränkt (ich mag diese Ausdrücke nicht), einfach alleine und selbstbestimmt leben.

NEIN – ich bin nicht anspruchsvoll, ich habe "nur" spezielle Bedürfnisse im und an den Alltag; nicht mehr aber auch nicht weniger.

Heute lebe ich wieder selbstständig und vor allem selbstbestimmt alleine ohne Assistenz, kann mich komplett – ohne fremde Hilfe - um meinen Haushalt kümmern und dafür bin ich mehr als nur dankbar. Letztlich gibt mir genau dieses Gefühl die nötige Power und Energie.

Das Gehen bereitet mir auf langen Strecken (dafür nutze ich einen 3-Punkt-Stock) noch Mühe, aber mit der richtigen Portion Geduld und Routine wird sich das mit der Zeit bessern.

Auch mein Leben mit nur einer voll einsetzbaren Hand ist gewöhnungsbedürftig und mühsam - keine Frage - aber nicht weniger lebenswert und vor allem nicht unmöglich. Ich gehe nach wie vor meinen Hobbies (Graffiti, Gaming am PC und das Programmieren, um mein Kopf fit zu halten) nach. Ich sehe meine Hobbies eher als Herausforderung und weniger als Beschäftigungstherapie.

Als ich in die neue Wohnung einzog fragte mich mein damaliger Betreuer/Beistand, wer mir die gelieferten Möbel aufbauen würde? Selbstbewusst erwiderte ich, dass bevor ich Hilfe in Anspruch nehmen würde, ich es zunächst alleine versuchen werde. Er lachte argwöhnisch und meinte nur, dass er das bezweifelt. Und genau das war mein Ansporn - DIR ZEIG ICH`S !!!

Zugegeben, ich musste umdenken, mich anders organisieren und mehr Geduld aufbringen als zuvor und gerade Letzteres zählt nicht zu meinen Stärken. Aber ich habe es geschafft und darauf bin ich stolz und das war Balsam für meine Psyche.

Es fällt mir überhaupt kein «Zacken» aus der Krone, Hilfe anzufordern aber nicht ohne, dass ich es erst selber wenigstens versucht habe oder nach Lösungsansätzen gesucht hätte.

Die Hirnblutung erlitt ich aufgrund eines viel zu hohen und falsch behandelten Blutdrucks. Heute bin ich optimal eingestellt 120/80; wie im Lehrbuch

Bis zu meinem Schlaganfall habe mich viel zu wenig bis gar nicht mit der Materie "Hirnblutung, Hemiparese" auseinandergesetzt. Das tat ich erst in der neuen Wohnung, denn nur wer seinen "Feind" kennt, kann ihn auch besiegen.- Guerilla Kriegstaktik!

Heute darf und kann ich kochen und essen wann und was ich mag, kümmere mich um meine Vital-Werte und Medikamente sowie um meinen kompletten Haushalt. Zum Ausgleich gehe ich wieder meinen Hobbies nach. Ich spiele leidenschaftlich gerne am Computer und programmiere mir eigene Hilfsmittel oder Rezept-Datenbanken. So werden z.b. meine Vital-Werte und Medikamente in einem von mir entwickelten Web-Front-End verwaltet. Selbstverständlich werden die Medikamente bei Knappheit vom System automatisch in der Apotheke nachbestellt.

Dank einer großen Community bei Facebook, WhatsApp etc. sind wir gemeinsam stark! Die Pflege zu diesen Kontakten ist mir genauso wichtig wie meine übrigen sozialen Kontakte und diesem Projekt "vitalibera", das anderen Betroffenen und deren Angehörigen Mut machen soll und um sie zu unterstützen,  so gut es nur geht. 

Mein Leben ist anders - keine Frage – aber deshalb auf gar keinen Fall weniger schön.

 

Ralf (Jahrgang 1963)

Bis zum 08.02.2023 (Mittwoch) war meine Welt noch in Ordnung, bis mich morgens gegen 10 Uhr der Schlag traf. Ich saß am Esstisch, trank meinen Kaffee und tippte auf meinem Smartphone rum. Ich las einen Artikel und eine Passage draus ungewollt laut. Ich merkte, dass ich die Wörter nicht mehr aussprechen konnte, denn es war nur noch ein Kauderwelsch. In diesem Augenblick war mir unbewusst klar, ich hatte einen Schlaganfall. Warum ich auf Schlaganfall kam, weiß ich heute nicht mehr. Fakt ist dass ich geistesgegenwärtig zum Smartphone griff und meinen Mann per WhatsApp mit dem Wort HILFE kontaktierte. Es vergingen nur wenige Minuten, bis er sich meldete und ich versuchte ihm lallend zu erklären, was passiert war. Ab diesem Zeitpunkt lief die Maschinerie, d.h. dass plötzlich eine Nachbarin gegen unsere Tür hämmerte, bis ich ihr die Tür öffnete. Ja, ich konnte noch gehen und plötzlich war ich auch wieder zu verstehen. Sie rief die 112 an und sagte nur "Notfall TIA, bitte sofort kommen!" 10 Minuten später waren die Herren von der Feuerwehr angekommen (zeitgleich kam mein Mann), checkten meine Vitalwerte und geleiteten mich die Treppen aus dem 2. OG hinunter.

Mit Blaulicht und Martinshorn ging es ins Krankenhaus. Dort wurde ich bereits erwartet und in Empfang genommen. Nach den CT-Aufnahmen stand fest, ich hatte einen rechtsseitigen ischämischen Schlaganfall. Sofort kam ich auf die Stroke-Unit und wurde lysiert. Vier Nächte verbrachte ich auf der Stroke und bereits in der ersten Nacht traten die ersten  Ausfallerscheinungen auf: ich konnte meine gesamte linke Körperhälfte nicht mehr wahrnehmen und meine Extremitäten nicht ansteuern, auch merkte ich, dass ich auf meinem linken Auge nichts erkennen konnte, was sich aber so langsam wieder besserte. Ich wurde am Sonntagvormittag auf die neurologische Station verlegt und vom Pflegepersonal, den Therapeuten und dem behandelnden Oberarzt bestens gehegt und gepflegt. Nach ca. 10 Tagen wurde ich aus dem Krankenhaus entlassen und wartete nun auf die Zusage der AHB, die bereits vom Sozialdienst des Krankenhauses in die Wege geleitet wurde. Nach 7 Wochen des Wartens kam endlich die Zusage für eine Reha-Klinik, um die ich bzw wir uns selber bemüht hatten. Um meine Geschichte nicht ausschweifen zu lassen, fasse ich mich ab jetzt kurz.

Nach 7 Wochen intensiver Reha ging es nach Hause und ich startete mit meinem neuen Leben. Ich organisierte meine Therapien, strukturierte meinen Alltag und besuchte bereits am ersten Tag zuhause mein Nähatelier. Dort warteten unfertige Nähprojekte auf mich und mein bereits in der Reha artikuliertes Ziel war es, trotz meiner Handicaps, wieder schneidern zu können. Heute, fast 2 1/2 Jahre später, geht's mir gut. Ich bin nur bedingt auf Hilfe angewiesen und alles andere mache ich eigen-/selbständig. Ich nähe, ich handwerke, fahre wieder Auto, verlasse alleine das Haus und bin auf Achse! Ich habe mich nicht aufgegeben und führe mein Leben, als wäre nichts geschehen. Ganz wichtig war für mich, dass ich den Schlaganfall akzeptiert habe, aber nicht die körperlichen Folgen daraus. Mit denen habe ich mich lediglich arrangiert und es wird Woche für Woche besser 💪.

Aufgeben ist für mich keine Option und genau deswegen stehe ich heute wieder mitten im Leben.

Neben meiner beruflichen Tätigkeit gehe ich meinem Hobby nach, obwohl meine linke Hand auf Grund einer Spastik nur bedingt einsetzbar ist. bekanntlicherweise macht Not erfinderisch und in Bestimmten Situationen mache ich mir meine Spastik zu Nutze.

 Mein Leben hat wieder einen Sinn bekommen und meine Depressionen habe ich wieder im Griff. Das Leben kann auch mit Beeinträchtigungen lebenswert sein, wenn man sich selber und den Umstand akzeptiert. Zum Schluß möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass ich alle toxischen Personen aus meinem Freundes-/Bekannten- u. Familienkreis entfernt habe und das war auch gut so!!!

Erzähl uns deine Geschichte im Diskussion's Forum

 

 

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